Freitag, 10. Mai 2013

Das Besté, wenn es um Rap geht.

2003 ist für die meisten unter uns ein ziemlich nichts sagendes Jahr. Streng genommen ist auch nicht besonders viel passiert. Da gab es diesen Fallschirmsprung von Jürgen Möllemann, der die FDP nach ihrem 18%-Wahlkampf auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Saddam Hussein wird aus irgendeinem Erdloch im Irak gezogen und die jährliche obligatorische Medienhetze lässt sich zu diesem Zeitpunkt über die Infektionskrankheit SARS aus. Noch mehr Asiaten tragen jetzt Mundschutz.

Gut, ganz so scheiße war 2003 dann doch nicht. Immerhin gab es den viel zitierten Jahrhundertsommer. Sommer? Das ist diese Phase im Jahr, in der es warm ist und die Sonne scheint. Die Älteren unter euch werden sich erinnern.

Zehn Jahre ist das alles nun her. Man merkt: die Blogomotive ist nicht mehr die Jüngste. Musikalisch betrachtet, bot 2003 neben Avril-Lavigne- und Dido-Veröffentlichungen immerhin auch ein paar Lichtblicke. Zum Beispiel der viel umfeierte Soundtrack zu Eminems Schauspieldebut "8 Mile", der sogar einen Oscar abräumte. Aber auch die deutschen Künstler waren nicht untätig.


Nachdem die erste Welle der allemanischen Reimbewegung bereits über die Republik rauschte, warteten die Kenner der Szene auf das neueste Release zweier Künstler, die sich in den vorausgegangen Jahren mit herausragenden Alben geglänzt hatten.



"Der Ostafrikanische / Angst mach' ich dir panische..."

Zum einen Afrob - der damals 26-Jährige Stuttgarter hatte 2001 und in der Folgezeit mit seinem zweiten Studioalbum "Made in Germany" für Furore gesorgt. Ein Conscious-Album mit politischen Botschaften, die nicht nur auf Gegenliebe stieß. Zuvor, im Jahr 1999, konnte Robbe mit "Rolle mit HipHop" allerdings zweifelsohne einen Meilenstein der deutschen Rap-Geschichte setzen.  Bis heute gibt es wenig Vergleichbares zu Songs wie "Reimemonster" oder den beiden Episoden "Spektakulär". Bereits in den Jahre vor dieser Zeit feilte Afrob mit der Kolchose und Freundeskreis an seinenm hohen technischen Niveau.




Auf der anderen Seite - Samy Deluxe. Der Hamburger war 2003 für Viele auf dem Zenit seines Schaffens.

"Mongo Clikke Drrrrrreizehn!"
Nach diversen Demotapes aus dem bekannten Eimsbush Basement und zahllosen Features konnte Mr. Deluxe im Jahr 2000 mit "Deluxe Soundsystem" auf sich Aufmerksam machen. Zusammen mit seinen Kollegen DJ Dynamite und Tropf arbeite er im Anschluss an seiner ersten Solo-Platte. Die "Samy Deluxe LP" erschien 2001, war ein Erfolg auf ganzer Linie und gilt jeher als bestes Samy-Album. Songs wie "Wickeda MC", "Hab gehört" sind Klassiker. Und das omnipräsente "Weck mich auf" hob HipHop in der Bundesrepublik auf ein neues Level und vermittelte die Kunst einer größeren Zielgruppe.




Nach dem politisch motivierten Brothers-Keepers-Projekt war die Harmonie zwischen den beiden Reimvirtuosen dann förmlich spürbar. Man schloss sich als Duo unter dem Namen ASD zusammen.


In Stuttgart und Hamburg getextet, rund um den Globus produziert, um es letztlich wieder in Kornwestheim abmischen zu lassen. Für die LP der beiden afrodeutschen Reimschmiede ließ sich ihr Label EMI finanziell nicht lumpen und ließen ihren Künstlern freie Hand. Zur Zeit als die GangstaRap-Welle in den USA gerade ihren absoluten Höhepunkt erreicht hatte, war klar, woran man sich primär orientieren würde. Eigentlich ein Schwachpunkt, lassen die fantastischen Beatgerüste von Wajeed und J Dilla(!) aus Detroit, Diamond D aus New York oder dem kroatischen Szeneproducer Baby Dooks schnell die Kritiker verstummen. Auch die Verkaufszahlen sprechen eine deutliche Sprache und verschaffen "Wer hätte das gedacht" Platz 5 in den deutschen Albumcharts. 
Unvergessen die Momente als Deutschland in Frühjahr 2003 auf Sneak Preview abgang, während man Afrob dabei im Musikvideo dabei zusehen konnte, wie er mit Samy, aber ohne Führerschein durch die namibianische Wüste bretterte.


Das schlecht abphotographierte Booklet.

Heute, zehn Jahre nach Veröffentlichung, hat die Platte ihren Reiz noch immer nicht verloren. Das deutsche Pendant zu Method Man & Redman, nur in einer deutlich komplizierteren Sprache. Wir verneigen uns vor solch einem zeitlosen Klassiker und wünschen uns nicht sehnlicher als Teil 2 noch in diesem Jahr.  
Zwar hat Samy Deluxe gerade erst für den kommenden Herbst seine neue LP mit dem Titel "Männlich" vorgestellt, hinsichtlich eines derart epochalen Fehltritts wie bei Herr Sorge und seinen "Verschwörungstheorien mit schönen Melodien" darf man so etwas ruhig einmal behaupten.

Dreht nicht lauter, sonst brenn' die Speaker/
Hier kommen Afrob & Samsemilia/
Weiße T-Shits, Baggy-Pannts & Sneaker/
Ich bin sicher, ihr erkennt sie wieder ...