Sonntag, 16. September 2012

Diagnose Midlife-Gleisis | Die Leiden des jungen Werbers

Präludium

Es ist wahr: Die Sache klappert ein wenig. Ab und zu quietscht eine Dichtung, Ventile pfeifen. Träge schiebt sich die einst so aufwendige und geschmeidige Konstruktion nun eher wie ein schwerer Eisenklotz über die Gleise der Republik. Die Blogomotive tuckert behäbig durch den rauen Herbstwind. Das uneheliche Kind der Deutschen Bahn. Und Kind der 80er. Und nun: Burnout - mit 23. Rauch steigt auf. Eine Midlife-Gleisis wie sie im Buche steht. Die Fitness? Vergleichbar mit der eines überbezahlten und nach der Sommerpause übergewichtigen brasilianischen Bundesligaspielers.

Die Kondukteure schauen verdutzt in den Spiegel. Sie erblicken dabei nur die erfolgsverwöhnte und absurd abgedrehte Karikatur ihrerselbst. Da steht die Spiegelei eines Spiegeleis. Abgedroschene Wortspiele haben das ehemals noch personaligleiste Wirtschaftswunder zugrunde gerichtet. Von der BILD auf die Alliteration "Schlecker der Schiene" degradiert. Alles begann mit diesem verfluchten Axel-Springer-Indianer, der in seinem permanenten inhaltlichen Sommerloch die Ohren auf die Gleise der anrauschenden Blogomotive legte. Es folgten saftige Schlagzeile à la

WIR FINDEN BLOGOMOTIVE BLÖD!

oder

BLÖD, BLÖDER, BLOGOMOTIVE.




Des Dramas zweiter Akt.

Das Ego ist nun angekratzt. Man sagt die Zeit heile alle Wunden. Was die Zukunft bringt wird sich zeigen. Und die gravierende Amateurhaftigkeit der Redakteure - sie wird euch nicht erspart bleiben. Es gilt die alte Bloggerweisheit "Wenn sie nicht geworben sind, dann bloggen sie noch heute." So ist das. Ganz einfach. Man will ja nicht auf dem Abstellgleis landen. Arbeitslos? In Zeiten der (Sch)altersarmut bedeute dies das sichere Ende auf dem Amt.
Endstation Bürokratien.

Nein! Man will schön Kohle haben im Alter. 'Ne schöööööne Zweit-Trasse auf Teneriffa vielleicht. Und dabei breit grinsend den sorgfältig ausgewählten Klischees über das Alter fröhnen.

Man würde ...

... sich die Finger ablecken vor dem Umblättern jeder Buch- oder Zeitungsseite.

... Zettels Traum lesen.

... Herbert Grönemayers neues Album "gar nicht so schlecht finden."

...dem exzessive Nutzen von Früher-war-alles-besser-Floskeln verfallen.

... ständig von "damals, in den 90ern - den Zeiten der Prä-Digitalisierung..." schwafeln.

... und irgendwann an sich runterschauen und feststellen, dass die (Lese-)Brille an einer Kette hängt.

Welchem early-mid-twenty wird da nicht Angst und Bange? Eine Generation auf der Suche nach dem Schwein der Weisen. Die Blogomotive seufzt und lässt sich langsam in ihren Schaukelstuhl auf der Veranda sinken. Genüsslich nimmt sie einen Schluck vom Wasser des Jungbrunnens und legt die Marshall Mather's LP auf.

Erinnert ihr euch noch an die herzzereissende Eminem-Balade für seine Tochter? Hailie's Song hieß das gute Stück. Was ist mit dem süßen Mädchen von damals passiert? Nun, das ballert fleissig Bilder auf Twitter raus.



Machen wir uns nichts vor. Die Kindheit ist vorbei. Ebenso die Zeit der Unschuld. Und genau deshalb stößt die Blogomotive auch weiterhin schmutzigen Ruß in die Mainstream-Luft. Direkt aus der Motorstadt am Neckar / Mecca für Texter.



(Blogomotive ab.)

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