Montag, 21. Januar 2013

By the Rivers of Schwabylon

Das war's das wohl mit dem Weltfrieden und den guten Vorsätzen für 2013. Irgendwann wird die Menschheit zurückblicken und sagen: Mit Wolfgang Thierse fing alles an. Ein alter Bekannter der bereits ein Cover des Mixtapes BlogFlöte zieren durfte. (Blogomotivführer berichtete)

Gegen Anfang des Jahres ließ der Bundestagsvizepräsident und stolze Berliner in einem vielbeachteten Interview seinem Frust freien Lauf. Sein Fass war voll. Und der Tropfen, der es letztendlich zum überlaufen brachte, wurde durch die in der Hauptstadt ansässigen Schwaben und deren auffällige Verhaltensmuster im Alltag vergossen. Zur Erinnerung - das waren seine Worte:

„Ich wünsche mir, dass die Schwaben begreifen, dass sie jetzt in Berlin sind. Und nicht mehr in ihrer Kleinstadt mit Kehrwoche. Sie kommen hierher, weil alles so bunt und so abenteuerlich und so quirlig ist, aber wenn sie eine gewisse Zeit da waren, dann wollen sie es wieder so haben wie zu Hause. Das passt nicht zusammen. (...)"  In Berlin wolle er „Schrippen kaufen und keine Wecken und Pflaumenkuchen statt Pflaumendatschi.“




Ein Streit über den korrekten Ausdruck für ein bisschen gebackenen Teig. Soviel zu den Problemen unseres Landes. Die Blogomotive ließ sich zu diesem Zeitpunkt auf der südlichen Halbkugel die Sonne auf den Tank strahlen, war Tiefenentspannt und konnte dieser Form von Lokalpatriotismus nur ein müdes Lächeln abgewinnen.

Zurück im Schwabenland, nach einem Blick in die Zeitung, sieht die Sache natürlich ganz anders aus. Die Lage ist ernst. Zwei Bundeslänger befinden sich in einer kriegerischen Auseinandersetzung. Es geht um Gentrifizierungspotenziale, Kulturwerte und sündhaft teure Immobilien. Der Sachverhalt ist kompliziert und höchst pikant.

Opfer des Spätzle-Anschlags: Das Käthe Kollwitz Denkmal im Prenzlauer Berg.
Vor wenigen Tagen attackierten schwäbische Aktivisten (sog. "Wutbürger") das Denkmal der im Dritten Reich verfolgten Künstlerin Käthe Kollwitz. Bedeutungsschwanger schütteten die Partisanen knapp 3,7 Kilo (handgeschabte!) Spätzle über deren Haupt. Ein symbolischer Akt par excellence. Doch für viele Menschen erscheint diese Art der Kritik als zumindest fragwürdig. Es ist ein Thema von bundesweitem Interesse. Zitate und Bilder gingen um die Welt. Mittlerweile erfüllt der Clinch sogar einige der Nachrichtenfaktoren der seriösesten aller Medien - dem Berliner Kurier.



Doch hinter der scheinbar sinnfreien Aktion verbirgt sich eine zentrale Forderung, gerichtet an die Berliner Minderheit in diesem Ort: ein kleiner, autonomer schwäbischer Stadtteil im Herzen der Hauptstadt.

Was für viele zunächst nach einem Hirngespinst aussieht, ist den Initiatoren bierernst. So prophezeit einer der Spätzle-Terroristen in einem exklusiven Interview mit VICE Germany den unmittelbar bevorstehenden Schwäbischen Frühling: "Der Kollwitzplatz ist unser Tahrir-Platz!"

Auf dem Blog Free Schwabylon finden sich weitere Forderungen:

Gegen eine autoritäre Berliner Minderheit!

Wir wollen nicht akzeptieren, dass Berliner uns wie Bürger zweiter Klasse behandeln. Während Schwaben an der kulturellen und wirtschaftlichen Zukunft der Stadt arbeiten, siechen Berliner in ihrem Trotz dahin. Wir fordern die Ausweisung des antischwäbischen Agitators Wolfgang Thierse aus Schwabylon.

Das Kollwitz-Denkmal ist das Symbol einer autoritären Berliner Minderheit. Wir haben es mit Spätzle beworfen, weil wir wütend sind. Und wo diese Spätzle herkommen, gibt es noch mehr. Unsere Spätzleschaber werden nicht ruhen, bis Schwabylon frei ist. Und sei es, dass der gesamte Prenzlberg unter einer Spätzleschicht schwäbischer Wut verschwindet.
Free Schwabylon!"
Man darf gespannt sein, wie es weitergeht. Vor wenigen Stunden holten die ansässigen Berliner zum Vergeltungsschlag aus und setzten dem Denkmal im wahrsten Sinne des Wortes die Krone auf. Dies soll als Retourkutsche für diejenigen Schwaben gelten, die den nötigen Respekt vor der ehrenwerten Frau Kollwitz vermissen lassen.



Bleibt zu hoffen, dass es nicht zu weiteren Ausschreitungen kommt und der Battle of Berlin unblutig endet. Die Blogomotive besucht immer gerne die Hauptstadt und hofft dort auch in Zukunft gerne gesehen zu werden. Eines ist sicher: Der nächste Besuch ist ganz der Völkerverständigung gewidmet. Damit zusammen kommt was zusammen gehört. 

Maultaschen und Club Mate.
Stuttgarter Höfbräu und Berliner Kindl
Gregor Gysi und Andreas Bär Läsker.

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